Das war so nicht geplant!
Eigentlich sollte ich heute auf der Rückreise vom Familienurlaub im Sommer aus Irland sein. Erstmalig war ein Urlaub schon im November des Vorjahres fix und fertig durchgeplant. Nun ja, wir wissen alle, wo dieser Plan schiefging.
Das Ende der Schonzeit
Somit war der 1.8. frei um den schwarzen Gesellen nachzustellen. Das Revier in dem ich meist jage, ist notorisch unzuverlässig, was Frassplätze betrifft. Das macht ein tägliches scouten bei mir sinnlos. Die Flugrouten und Schlafplätze sind natürlich bekannt! Oft kann man dort nur an markanten Punkten mit Wächterlockbild arbeiten und moderat Strecke machen. Also Freitag Morgen raus und nachschauen, ob überhaupt was los ist. Denn manchmal sieht man 100, manchmal nur vereinzelte Rabenkrähen.
Grosser Schwarm gesichtet!
Diesmal waren es gefühlte 150, die sich in unmittelbarer Dorfnähe aufhielten - die sassen da aber nur auf den Hochspannungsleitungen. Eine Bejagung ist dort nachvollziehbar aus verschiedenen Gründen schwierig. Also musste ich warten, um herauszufinden, wo sie hin wollen. Wie sich heraus stellte, blieb gut die Hälfte im nördlichen Revierteil auf den Stoppeln. Verschiedene Plätze wurden von mir in Betracht gezogen bis ich einen Platz auf den Stoppeln mit Deckung, Sonne im Rücken und guter Sichtbarkeit für die Wächter gefunden hatte. Eine Gruppe von vielleicht 30 Krähen sass recht arglos da als ich vorbeifuhr.
Polizeieinsatz? Nein Danke!
Abends also Fahrt in's Revier. Den Anruf bei der Polizei - muss nicht sein, habe aber keine Lust auf Besuch - habe ich unterwegs erledigt. Bei meiner Ankunft sassen ca. 100 Krähen dort, wo ich jagen wollte auf dem Boden und in den Bäumen. Hatten die auf dem Heimflug dort was entdeckt und kommen sie morgen früh wieder? Das war die Frage!
In der Dunkelheit wird aufgebaut!
In der Dämmerung habe ich dann an einer Hecke aufgebaut. Den langen Wächter in einen Baum in der Heckenreihe - ich musste morgens nur noch eine Stange höher schieben. Der Bodenanker für den Doppelwächter war schnell eingeschlagen, die Stange lag bereit. Meinen Blind / Tarnschirm habe ich in die Hecke eingebaut. Vom Feld ging eine Stufe nach unten wie in einen breiten Graben, Brombeeren und Brennnesseln mussten weg. Naja, wenigstens dieses Mal keine Disteln! Ein kleiner Strauch musste einer Schussschneise zum Wächterbaum weichen und wurde umfunktioniert zur Schirmtarnung.
Der Tarnschirm mit viel Liebe
Diesmal wurde es ein fünf Stangen - Einmann Schirm. 3 Hidepoles / Schirmstangen vorne, 2 hinten mit Rückwand aus Tarngardine. Zur Tarnung hätte ich diese nicht gebraucht, aber die Gardine hält mir den Rücken frei und die Brennesseln auf Distanz. Vorne habe ich eine Tarngardine und ein Ghillienetz in grün verbaut. Das (Achtung Werbung) Netz von JVS hat den Vorteil, dass die Netzrückseite aus Tarngardine ist, dadurch bleibt zumindest auf der Seite des Netzes nichts hängen. Jetzt noch die Verblendung aus Naturmaterialien vorne und seitlich mit Klemmen befestigt, den Ein- und Ausstieg für Mensch und Hund freigelassen und auch diese Arbeit war getan, siehe Bild (wurde nach der Jagd gemacht).
Schlafbäume waren gestern...
200 Meter den Berg runter konnte das Auto in einem Wäldchen unter Bäumen versteckt werden, dort habe ich dann auch meine Karpfenliege nebst Moskitozelt aufgeschlagen. Nichts sollte dem Zufall überlassen werden - keine Anfahrt morgen, ich schlafe heute draussen! Eine ähnliche Idee hatte leider auch die örtliche Dorfjugend, die 300 Meter weiter gebadet und gezeltet hat - lautstark aber fröhlich. Ich liess mich davon nicht stören, war ja auch mal jung, und wollte mal sehen, wer da wem mehr Schlaf kostet. Die mir am Abend oder ich denen in der ersten Dämmerung! Um 4:00 Uhr also raus aus dem Schlafsack, Hund gefüttert (moderat), die Wächter fertig gemacht und das Lockbild aufgebaut.
Krähenlockbild
Das Lockbild war deutlich zweigeteilt. Links die grössere Gruppe, rechts von mir ein kleiner Trupp. Wegen der doch recht "bedrohlichen" Hecke habe ich die näheste Lockkrähe auf 15 Schritt aufgebaut. Die weiteste auf ca 22 Meter. Also eher Schlauchförmig. Dies war nötig, weil die weitesten schon fast ganz oben auf einer Bodenwelle standen.Noch weiter, und ich hätte sie nicht mehr im Blick.
Morgenstund hat Gold im Mund!
Um 5:23 war laut Luna Sol Cal bürgerliche Dämmerung. Um 5:27 waren die ersten beiden Anflüge mit je einem Schuss erfolgreich verwertet. Um 5:42 war die Streckensituation bereits unübersichtlich. Meine beste Einzelstrecke hier lag bis dato bei 7 Krähen. Diese hatte ich in ca 15 Minuten gefühlt verdoppelt. Es handelte sich dabei um kleine, völig unangekündigte Anflüge aus meinem Rücken. Trotzdem hätte ich gerne einen zweiten guten Schützen mit dabeigehabt. Bis ca 6:45 kam recht regelmässiger Anflug, nun auch teilweise von vorne - aber weiterhin zu 80% unangekündigt.
Dohlen, Rabenkrähen, Saatkrähen
Mehrmals sind die Krähen auf den Stoppeln eingefallen während mein Hund noch draussen am apportieren war. Wird ein schwarzer Labrador als vierbeinige Krähe angesehen? Irgendwann gegen 8:00 Uhr kamen dann 2 grosse Schwärme relativ kurz hintereinander die ich durchgewunken habe. Also Handschuh ab und Video Versuch mit Handy. Ein Schwarm Dohlen blieb natürlich auch unbehelligt. Komisch nur, dass das ausschliesslich Dohlen waren, das sehe ich hier nicht so oft. Von einer eingefallenen Dohle konnte ich auch ein kurzes Video machen. Zwei unbemerkt eingefallene Krähen hatte ich später verpennt, aber beim hochfliegen sah ich, dass es Saatkrähen waren, also nix passiert, ich musste mich nicht ärgern. Die haben sich wohl mal wieder flach angeschlichen wie es Saatkrähen gerne tun.
In der Ruhe liegt die Kraft
In einer Ruhephase konnte ich eine biologische Pause nutzen und zwei von vier Krähen nachsuchen. Zwei weitere steckten 2 - 4 Meter neben dem Schirm mit vollen Garben Treffern auf ca 15 Meter Entfernung tief in einer Brombeerhecke. Gegen 8:45 regte sich der Gedanke zum Aufbruch. Mein Hund hatte all sein Wasser verbraucht (erstmalig) und der Anflug blieb auch aus. Also noch schnell ne Zigarillo - Nummer 30 geschossen. Nummer 31 gefehlt! Im Schirm etwas aufräumen, 31 nachgeholt, 32. Noch "schnell" eine rauchen, Nr. 33. Wächter und freundliches Lockbild schnell abgebaut und verstaut und dann erstmal das Auto geholt. Dabei habe ich dann eine übersehene Nummer 34 gefunden. Zum Glück lag diese ganz nahe an der Hecke unter einem Bäumchen.
Factsheet
- Genügend Wasser für den Jagdhund mitnehmen
- Der Platz war genau richtig. Der Abstand Lockbild / Hecke hat perfekt gepasst.
- Der Tarnschirm ist entscheidend für den Erfolg
- Anfliegende Krähen kamen oft genau wie im Trichter zwischen Lockbild und Wächter rein => Nutze die Wächter
- Lerne aus Fehlern und werde besser
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Sebastian Nuding (Montag, 03 August 2020 17:07)
sehr schön geschrieben. Kräftiges Waidmannsheil.�
Philipp, Weber (Dienstag, 04 August 2020 07:36)
Eine vorzügliche beschriebene Lockjagd, beim lesen hat man das Gefühl man ist mit dabei.
Waidmannsheil